Perspektiven
Aktuelle Themen aus Kultur und Gesellschaft im Gespräch

Veranstaltungsorte und Zeiten siehe Detailprogramm

Literaturkritik

Die Literaturkritik war einmal eine wichtige Instanz der Literaturvermittlung. Sie prägte die öffentliche Vorstellung davon, was Literatur ist, was sie sein kann oder sein sollte. Doch «die Kritik ist heute sehr zahm geworden. Sie lobhudelt lieber, als dass sie Klartext redet und ein schlechtes Buch auch ein schlechtes Buch nennt. Die Literaturkritik, die einst wie ein Tiger sprang, ist als zahmer Bettvorleger gelandet. Wo vernichtende Rezensionen früher zu heftigen Kontroversen führten und dazu zwangen, über literaturkritische Massstäbe nachzudenken, waltet inzwischen ein Kuschelkurs», wie Rainer Moritz in der NZZ zusammenfasst.
Zwei Gespräche beleuchten die aktuelle Literaturkritik; eines mit dem Blick auf den allgemeinen Stand, eines mit Schweizer Brille auf der Nase.

Perspektiven I:
Stand und Zukunft der Literaturkritik


Lukas Bärfuss
Daniel Graf ist Kulturredaktor und Literaturkritiker beim Online-Magazin Republik. Zuvor war er als Literaturagent und Lektor tätig. Von 2019 bis 2021 Mitglied der Jury des Schweizer Buchpreises, im Frühjahrsemester 2022 Lehrbeauftragter für Literaturkritik an der Universität Basel. Er lebt in Zürich und Lausanne.
Elke Schmitter
Stefan Zweifel

In den letzten Jahren musste die Literaturkritik einiges einstecken: Zeitungen beschnitten ihren Platz, Sendeplätze wurden gestrichen und zuletzt hagelt es Kritik, gerne auch aus den eigenen Reihen. Zu lahm sei sie geworden, die Literaturkritik, Verrisse à la Reich-Ranicki werden vermisst, allzu viele «People»-Geschichten geortet. Ist das so? Oder findet hier ein Umbruch statt, der grosse Chancen bietet?

Perspektiven II:
Literaturkritik in der Schweiz


Lukas Bärfuss
Beatrice von Matt, Dr. phil., Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin, war Feuilletonredaktorin der NZZ. Mitarbeit bei kulturellen Organisationen, u. a. Stiftungsrätin der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. Jurytätigkeit (u. a. Kleist-Preis, Berliner Literaturpreis). Bücher u. a. Meinrad Inglin. Eine Biografie (Limmat Verlag 1976), Frauen schreiben die Schweiz. Aus der Literaturgeschichte der Gegenwart (Huber 1998), Werner Düggelin. Porträt und Gespräche (NZZ libro 2006), Mein Name ist Frisch. Begegnungen mit dem Autor und seinem Werk (Nagel & Kimche 2011).
Alexander Sury, Jahrgang 1964, studierte Germanistik und Geschichte. Er arbeitete als Dramaturg, Lehrer und Journalist und ist seit 2009 Literaturredaktor der Tageszeitungen Der Bund und Berner Zeitung. Bücher: Fürs Leben gern. 20 Porträts (Huber 2010), Ruth Binde. Ein Leben für die Literatur (Wörterseh 2013).
Stefan Zweifel

Im digitalen Zeitalter wird es immer schwieriger, Bücher aus den verschiedenen Sprachregionen zu platzieren, damit sie auch anderswo Gehör finden. In der Schweiz kommt dazu, dass kleinere Printmedien häufig durch grössere Unternehmen einverleibt werden, sodass schlussendlich die Buchbesprechung in den Händen abgezählter Einzelpersonen liegt. Und auch in der Schweiz wird mit zweifelhaften, flachen Formaten versucht, Quoten und Klickzahlen zu erreichen. Wie steht es also um die Literaturkritik in der Schweiz?

Ebenfalls zum Thema: Live-Podcast mit eins.sieben.drei

Gespräche zur Ukraine und zu Europa

Perspektiven III:
Karl Schlögel
Tanja Maljartschuk


Der Historiker Karl Schlögel und die ukrainische Autorin Tanja Maljartschuk, die in Wien lebt, beleuchten die Entwicklung der Ukraine hin zu Demokratie und westlichen Werten.
Das Gespräch wird auf Deutsch geführt.

Perspektiven IV:
Karl Schlögel
Lukas Bärfuss


Der Historiker Karl Schlögel im Gespräch mit Lukas Bärfuss über die Lage Russlands und das Verhältnis Russlands zu Europa.



Der Code des Kapitals

Perspektiven V:
Katharina Pistor
Jonas Lüscher


Katharina Pistor im Gespräch mit Jonas Lüscher

Katharina Pistor analysiert in ihrem neuen Buch, Der Code des Kapitals, wie das Kapital seit 300 Jahren erstaunliche Sonderrechte geniesst. Die Folge: Nicht Gesetzgeber, sondern Firmenanwälte bestimmen das Geschick ganzer Gesellschaften. Adam Tooze bescheinigt dem Buch, «nichts weniger als eine Krisentheorie des Rechts» zu sein.
Pistor zeigt anhand der Rechtsentwicklung, wie Gesetze, Gerichte und Anwaltskanzleien den Kapitalismus in seiner heutigen Form begründet haben – und wie sie jetzt dazu beitragen, dass sich auf der Kapitalseite immer mehr Reichtum anhäuft, während normale Einkommensbezieher, Arbeiterinnen und Arme, aber auch die Staatlichkeit von dieser Entwicklung abgeschnitten sind. Kapital wird hinter verschlossenen Türen in Anwaltskanzleien geschaffen und dies ist einer der wichtigsten Gründe für die wachsende Ungleichheit in unseren Gesellschaften.
Das Recht «codiert» selektiv bestimmte Vermögenswerte und stattet sie mit der Fähigkeit aus, privaten Reichtum zu schützen und zu produzieren. Auf diese Weise kann jedes Objekt, jeder Anspruch oder jede Idee in Kapital umgewandelt werden – und Anwältinnen und Anwälte sind die Hüter dieses Codes. Sie wählen aus verschiedenen Rechtssystemen und Rechtsinstrumenten diejenigen aus, die den Bedürfnissen ihrer Mandanten am besten dienen. Techniken, die vor Jahrhunderten Landbesitz in Kapital transformierten, dienen heute zur Codierung von Aktien, Anleihen, Ideen und Zukunftserwartungen.
Katharina Pistor wird in Leukerbad mit Jonas Lüscher über ihr «grosses, beunruhigendes Porträt der globalen Natur dieses Codes sowie der Menschen, die ihn gestalten, und der Regierungen, die ihn durchsetzen», sprechen.

Startseite
Newsletter
Français

Literarische Wanderung
27. Internationales Literaturfestival Leukerbad
23. bis 25. Juni 2023